Haupteingang der Universität Jena

Lehre

Haupteingang der Universität Jena
Foto: Mephisto

Sommersemester 2020

  • Textmining in historischen Quellenwerken

    Die Arbeit des Historikers / der Historikerin wird sich in Zukunft in immer stärkerem Maße im digitalen Raum abspielen, birgt doch der mediale und technische Wandel eine Reihe von Möglichkeiten, den Forschungsprozess des Historikers in seiner ganzen Breite – von der Quellenerschließung (Heuristik) über die Quellenkritik und Analyse bis hin zur Interpretation und Darstellung digital zu unterstützen. Hier liegen sowohl große Effektivierungspotentiale als auch Ansatzpunkte für die Bearbeitung gänzlich neuer Fragestellungen. Auch viele mediävistische Quellenwerke sind mittlerweile digital verfügbar. Sie sollten nicht nur als gewissermaßen online gestellte Bücher genutzt werden, sondern das digitale Medium ermöglicht auch eine computergestützte Erschließung der Quelleninformationen. Diese Technik des sogenannten Text Mining soll in der Quellenübung am Beispiel der Auswertung des Repertorium Germanicum (RG) Online vorgestellt und in ihren Nutzungspotentialen diskutiert werden. Das RG erschließt die auf Deutschland bezüglichen Aktenstücke aus dem Vatikanischen Archiv für die Zeit von 1378 bis 1484 in Form sehr knapper und standardisierter lateinischer Regesten, die aufgrund ihrer Formelhaftigkeit relativ einfach computergestützt analysiert werden können. In der Übung werden diese Auswertungs¬möglichkeiten näher besprochen und zugleich ein Einblick in die lange Tradition von auf das RG gestützten Forschungen zur Kirchen- und Personengeschichte des deutschen Spätmittelalters vermittelt.

  • Netzwerkanalyse – eine digitale Methode in der Mittelalterforschung. Aktuelle Forschungen und eine Einführung in die Methodik

    Die soziale Netzwerkanalyse hat in den letzten Jahren als neuer theoretisch-methodischer Ansatz in der Geschichtswissenschaft zunehmend Verbreitung gewonnen. Auch wenn die geringere Quellenverfügbarkeit die Rekonstruktion von Netzwerken mittelalterlicher Akteure (z.B. politische, Verwandtschafts- oder Handelsnetzwerke) behindert, findet die Methode auch das Interesse von Mediävisten und zeitigt erste konkrete Forschungsergebnisse. Die Historische Netzwerkanalyse hat somit Aussichten, eine neue Historische Grundwissenschaft (als Teil der digital humanities) zu werden und zugleich bietet sie spannende Perspektiven für interdisziplinäre Forschung. Im Hauptseminar werden zunächst einige Anwendungsfelder und -beispiele der Historischen Netzwerkanalyse konkret vorgestellt und diskutiert, zweitens lernen wir Grundbegriffe und -konzepte sowie einige basale Analyseverfahren der Netzwerkanalyse kennen. Zum dritten werden in einem Praxisteil sowohl die systematische Erhebung von Netzwerkdaten (anhand von historiographischen Quellen, Briefen und Urkunden) als auch deren computergestützte Analyse eingeübt und die zuvor allgemein besprochenen theoretischen und methodischen Grundfragen am konkreten Beispiel tiefer¬gehend erörtert.

Wintersemester 2019/20

  • KIME: Die Erklärbarkeit von Systemen der Künstlichen Intelligenz

    Das Schlagwort „Künstliche Intelligenz“ (KI; Artificial Intelligence — AI) erlebt seit einigen Jahren eine Hochkonjunktur. Als wissenschaftliches Forschungsgebiet Mitte der 1950er Jahre entstanden, verbinden sich mit der KI von Anfang an ebenso Hoffnungen auf die Unterstützung menschlichen Denkens und Handelns durch lernende Automaten wie Befürchtungen der Unterordnung des Menschen unter Maschinen, die seine Intelligenz übersteigen. Eine wichtige theoretische Frage bei der Einschätzung der KI betrifft die Nachvollziehbarkeit des Verhaltens intelligenter Systeme: Einem System, dessen Verhalten für den Nutzer, womöglich sogar für den Erbauer nicht erklärbar und deshalb auch nur sehr begrenzt beeinflussbar ist, wird wesentlich weniger Vertrauen entgegengebracht werden als einem System, dessen Verhalten nachvollziehbar ist. Die Erklärbarkeit des Verhaltens zu einem Grundprinzip der Entwicklung von KI-Systemen zu machen, ist wesentliches Ziel der sogenannten „Explainable AI“ (XAI). Das Seminar wird sowohl erkenntnistheoretische Grundlagen (z.B. den Begriff der Erklärbarkeit) und informatische Aspekte als auch normative Fragen (etwa der Regulierung des Einsatzes von KI-Systemen) der Diskussion um XAI interdisziplinär erörtern.

Sommersemester 2019

  • Digitale Prosopographie (Personengeschichte). Computergestützte Recherchen und Analysen in der Mediävistik

    Der gegenwärtige Erfolg der Digital Humanities als neuer interdisziplinärer Querschnittsdisziplin speist sich aus der Durchsetzung des WWW als ubiquitärem Kommunikationsmedium und „kollektivem Gedächtnis“. Auch die Geschichtswissenschaft ist auf diesen Zug aufgesprungen und stellt ihre Quellen- und Literaturbestände ins Netz. Dies wird wesentlich die Praxis wissenschaftlichen Arbeitens verändern, wobei sich viele grundsätzliche Fragen stellen: nach der Zuverlässigkeit und Benutzbarkeit der Online-Ressourcen, nach geeigneten digitalen Präsentationsformen historischen Wissens, nach den sich eröffnenden Möglichkeiten computergestützter Auswertungs­verfahren usw. Im Hauptseminar sollen die Erkenntnispotentiale ebenso wie mögliche Probleme und Hemmnisse computergestützten Arbeitens am Beispiel prosopographischer (personengeschichtlicher) Forschung des Hoch- und Spätmittelalters (vorrangig mit Blick auf Gelehrtenkarrieren) explorativ ausgelotet werden. Zu diskutieren ist dabei die gesamte Trias des Forschungsprozesses – von der Heuristik über die Kritik bis zur Interpretation – im Hinblick auf die Möglichkeiten seiner digitalen Unterstützung. Zugleich wird Basiswissen im – auch mit Blick auf Berufsperspektiven – rasch wichtiger werdenden Feld der digitalen Geschichtswissenschaft vermittelt.

Wintersemester 2018/19

  • Was sind Digital Humanities – und was sollten sie sein?

    Unter dem Begriff „Digitalen Humanities“ (DH) wird die Anwendung computergestützter Verfahren auf Forschungsfragen der Geisteswissenschaften verstanden. Aber was genau verbirgt sich hinter dem Begriff? Handelt es sich um ein eigenständiges Forschungsgebiet? Oder nur um eine Sammlung neuer Methoden? Ist bereits jedes geisteswissenschaftliche Vorhaben, welches Software einsetzt, ein DH-Projekt? Können durch computergestützte Verfahren letztendlich Fragen beantwortet werden, die auf traditionelle Weise gar nicht erst gestellt worden wären?

    In diesem Seminar wollen wir uns mit solchen und ähnlichen wissenschaftstheoretischen Fragen zu den Digital Humanities auseinandersetzen. Dabei wollen wir zwei Perspektiven einnehmen: Zum einen fragen wir uns aus geisteswissenschaftlicher Sicht, wie sich die Geisteswissenschaften durch die Verwendung computergestützter Verfahren verändern. Andererseits fragen wir aus informatischer Sicht, ob die besonderen Anforderungen geisteswissenschaftlicher Forschung die Entwicklung völlig neuer Datenstrukturen und Algorithmen notwendig macht.